Kirche St. Laurentius
76891 Niederschlettenbach, Kirchstr. 10
(Schlüssel im Pfarrhaus od. bei Albert Nagel erhältlich)
Geschichte
Was macht dieses Haus so unverwechselbar? Es steht mitten im Dorf, erhaben auf dem Kirchberg, das alte Dorf lehnte sich an den Kirchberg an. Das alles gibt es in vielen anderen Dörfern auch. Es ist die Geschichte dieses Hauses und damit auch die Glaubensgeschichte der Leute in diesem Tal, die diesen Ort hier prägen. Wenn wir uns mit den Anfängen dieses Gotteshauses befassen, stoßen wir zunächst einmal auf viel Geheimnisvolles und Rätselhaftes. Was mag an der Stelle einmal gewesen sein, bevor unsere Vorfahren zu Jesus Christus und dem hl. Laurentius gebetet haben?
Römischer Götterstein
Durch Zufall wurde im Jahre 2005 an der Nordostecke des Turmes ein römische Götterstein entdeckt. Eine Befragung der damaligen Bauarbeiter ergab, dass der Stein wahrscheinlich aus dem Fundament der alten Kirche stammt. Die Inschrift lautet:
IN Honorem (Domus Divinae) – DeAE DIANaE – ET GENIO – COL – (LEGI) IVI (---),
die letzte Zeile ist fast unlesbar. Übersetzung: Zu Ehren des göttlichen Herrscher-Hauses(in Rom) der Göttin Diana und dem Genius des Kollegiums .... (geweiht). Nach Urteil des Denkmalamtes Speyer und der Uni Heidelberg handelt es sich bei dem Stein um einen römischen Altarstein des späten 2. bis frühen 3. Jahrhunderts. Möglicherweise hat ein Römer hier oder der näheren Umgebung einen kleinen Diana-Alter errichtet. Der Fund war sensationell, weil man bis vor etwa 50 J. der Meinung war, dass die Römer nie westlich des Haardrandes im Pfälzerwald waren.
Wenige Jahrhunderte später wurden bei der Christianisierung die alten und nun heidnischen Kultmale beseitigt. Oftmals hat man beim Bau der 1. Kirchen, die alten Göttersteine im Fundament, im Chor oder unter dem Altar kopfüber vermauert.
Die Widegovo-Kirche
Schon recht früh entstand dort, wo sich heute die Taufkapelle befindet, eine kleine Kapelle, deren Alter unbekannt ist. Es ist die Zeit, als Niederschlettenbach zur Abtei Weißenburg gehörte, welche in der 1. Hälfte des 7. Jahrhunderts gegründet wurde. Bei Ausgrabungen des Denkmalamtes 1952 fanden sich noch deren Fundamente. Irgendwann war diese Kapelle aber zu klein und man hat sie mehr als doppelt so groß neu gebaut. Obwohl auch diese Fundamente ausgegraben wurden, kann man nicht exakt sagen, wann sie entstanden. Aber eine spätere Urkunde benennt den Gründer: einen Mann namens WIDEGOVO. Jetzt wird es wieder geheimnisvoll, weil uns die Geschichte nichts über diesen Mann hinterlassen hat. Möglicherweise handelte es sich um einen Laien, einen Grafen/Herzog der Widonen die im 7.-9.Jh. im Speyergau begütert waren. Anhaltspunkte für das Alter der Kirche gibt auch die Patroziniumsforschung. Nach folgendem Ereignis: der Kaiser hatte am Laurentiustag 955 auf dem Lechfeld die Ungarn besiegt, wurde der hl. Laurentius besonders verehrt. Wir können davon ausgehen, dass in den Jahren nach 955 diese Kirche dem Heiligen geweiht wurde, Denkmalamt spricht von „vor dem 11. Jh.“
Der Samuel-Bau
Etwa 100 Jahre später wird das Kirchlein erneut zu klein. Die Kirche wird abgerissen und Abt Samuel aus Weißenburg lässt an gleicher Stelle eine neue Kirche mit Apsidenchor errichten, mehr als dreimal so groß wie der Vorgängerbau. Diese Kirche wurde am 13.Mai 1068 eingeweiht. Von dem Datum besitzen wir 2 Urkunden. Eine davon ist eine steinerne Bauinschrift von 1068, welche als Giebelsturz in der Taufkapelle erhalten ist. Die Tatsache, dass die Weihe durch einen Bischof persönlich erfolgte, ist ein Privileg, das Pfarrkirchen zu stand. Also existiert auch seit spätestens 1068 die Pfarrei St. Laurentius.
Etwa 1220/30 wird die Kirche erneuert, die Apsis am Chor wurde entfernt und ein rechteckiger Chorraum errichtet. Dieser Chor ist noch heute als Taufkapelle und ältester Teil erhalten. Im 14. Jahrh. wird die Kirche zur Wehrkirche umgebaut mit umlaufender Wehrmauer und Wehrturm, der noch erhalten ist. Durch Beschädigungen im 2. Weltkrieg musste die alte Kirche 1951 abgetragen werden, die neue Laurentiuskirche, wie wir sie heute vorfinden konnte 1952 durch Bischof Dr. Wendel eingeweiht werden. Nachfolgend Kunsthistorisches:
Orgel: entstand vor 1900, der Orgelbauer ist unbekannt.
Glocken: Der älteste Glockennachweis stammt von 1560. Erhalten sind eine Anna- und eine Marienglocke von 1952, die Laurentiusglocke hat Lindemann 1855 gegossen. H-cis-es-Geläut.
Statuen: Die Laurentiusstatue am linken Seitenaltar erstand um 1720. Die Pieta aus Lindenholz ist von einem flämischen Meister geschnitzt, wurde 1920 erworben, das Werk ist jedoch älter.
Kreuzweg: Die 14 Relieftafeln aus bemaltem Terrakotta entstanden in München. Sie wurden im Jahre 1929 für die St. Annakapelle beschafft, seit 1985 in der Pfarrkirche.
Sonnenuhr: Eine mittelalterliche Sonnenuhr befindet sich am 3. Geschoß des Turmes aus dem 14. Jh., von denen es nur noch wenige in der Pfalz gibt.
Chorbild: 1954 von dem aus Neustadt/W. stammenden und in München lebenden Kunstmaler Heiner Schumann in Caseintechnik ausgemalt, zeigt Christus auf der Weltkugel, umgeben von 6 Engeln und den 4 Kirchenpatronen St. Laurentius, St. Anna, St. Michael und St. Aegidius unten. Der Grundgedanke ist: „Christus ist das Haupt der Kirche, das Haupt auch unserer Pfarrei.“
Bilder: Laurentiuskirche innen, St. Laurentius-Statue, Bauinschrift von 1068, römischer Götterstein, die Laurentius-Kirche über dem Dorf
(Text und Bilder: Albert Nagel)